Theo, wir fahrn nach Lodsch

Eine Studienfahrt des Fördervereins Gedenkstätte Ahlem im Oktober 2022 führte  nach Polen. Ziel war die Besichtigung der noch sichtbaren Überreste des Ghettos in Łódź (damals „Litzmannstadt“) sowie der Besuch der  – nur etwa 60 km entfernt im ehemaligen „Warthegau“ gelegenen – Gedenkstätte Chełmno, die an das Vernichtungslager „Kulmhof“ erinnert. Aus dem Ghetto und der Umgebung sowie auch aus Westdeutschland waren in dem Lager über 200.000 Jüdinnen und Juden, ferner 4.300 Sinti und Roma sowie die Kinder aus Lidice in Gas-Wagen ermordet und im nahen Rzuchòw-Wald verscharrt oder verbrannt worden. Die 18-köpfige Reisegruppe aus Vereinsmitgliedern und anderen Interessierten nahm – meistens schweigend – die Geschichte der im deutschen Namen verübten Verbrechen auf und lauschte im Marek-Edelman-Zentrum in Łódź den Erzählungen einer hochbetagten Zeitzeugin, die dem Grauen des Ghettos durch die mutige Tat ihres ukrainischen Kindermädchens entkommen war. Diese hatte sich – auf Wunsch der Eltern – als ihre Mutter ausgegeben, sie aus dem umzäunten Ghetto entführt und  als eigene Tochter aufgezogen.

Die Gruppe lernte Łódź aber auch als Hochburg der Textilindustrie des 19. Jahrhunderts kennen, in der vier Kulturen (Polen, Deutsche, Juden und Russen) zusammengelebt hatten, zwar friedlich, aber gekennzeichnet durch die krassen Begleiterscheinungen des Frühkapitalismus. Für die arme Landbevölkerung der Umgebung war der Ort dennoch das „gelobte Land“ (so der gleichnamige Film des berühmten  Andrzej Wajda, eines Zöglings der dortigen Filmhochschule ) und inspirierte zu dem Text des schönen Liedes von Vicky Leandros, mit dem dieser Bericht überschrieben ist.

Rainer Litten